Archivgesetz

Gesetz zur Sicherung und Nutzung von kirchlichem Archivgut  in der Evangelischen Kirche der Pfalz  (Protestantische Landeskirche) - Archivgesetz - vom 7.5.1999

 

Amtsblatt der Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche) Jg 79, 1999. S. 112 f.

 

Präambel

 

I. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen
§ 1: Geltungsbereich
§ 2: Begriffsbestimmungen

 

II. Abschnitt: Kirchliche Archive
§ 3: Struktur
§ 4: Aufgaben
§ 5: Anbietung, Bewertung und Übernahme
§ 6: Archive kirchlicher Stellen
§ 7: Verwahrung, Sicherung und Erschließung

 

III. Abschnitt: Benutzung von Archivgut
§ 8: Benutzung durch die abgebende Stelle
§ 9: Benutzung durch Dritte
§ 10: Schutzfristen
§ 11: Einschränkung und Versagung der Benutzung
§ 12: Rechtsansprüche betroffener Personen

 

IV. Abschnitt: Schlussvorschriften
§ 13: Regelungsbefugnisse
§ 14: Inkrafttreten, Übergangsregelungen


Archivgesetz

 

Präambel

 

Das kirchliche Archivwesen dient der Erfüllung des kirchlichen Auftrages durch die Dokumentation kirchlichen Wirkens in Vergangenheit und Gegenwart. Die Evangelische Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche) regelt das Archivwesen im Rahmen ihrer Mitverantwortung für das kulturelle Erbe und im Bewusstsein der rechtlichen Bedeutung des kirchlichen Archivgutes sowie seines wissenschaftlichen, geschichtlichen und künstlerischen Wertes.

 

I. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen

 

§ 1
Geltungsbereich

 

(1) Dieses Gesetz gilt für die Evangelische Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche), ihre Organe, Dienststellen, Werke und Einrichtungen (landeskirchliche Stellen) sowie für die kirchlichen Körperschaften in der Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche) und ihre Zusammenschlüsse (kirchliche Stellen).
(2) Andere kirchliche Einrichtungen, Werke und Dienste im Bereich der Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche) können dieses Gesetz aufgrund von Beschlüssen ihrer zuständigen Gremien anwenden. Die Beratung des Landeskirchenrates kann in Anspruch genommen werden.

 

§ 2
Begriffsbestimmungen

 

(1) Kirchliches Archivgut sind alle archivwürdigen zur dauernden Aufbewahrung bestimmten Unterlagen, die
1. bei kirchlichen Stellen entstanden sind,
2. von kirchlichen Archiven erworben oder ihnen übereignet worden sind,
3. kirchlichen Archiven durch Dauerleihvertrag übergeben worden sind (Deposita).
(2) Archivwürdig sind Unterlagen, die auf Grund ihrer kirchlichen, rechtlichen, wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedeutung für die Erforschung und das Verständnis von Geschichte und Gegenwart, für die kirchliche Rechtsetzung, Rechtsprechung und Verwaltung oder für die Sicherung berechtigter Belange Betroffener oder Dritter von bleibendem Wert sowie aufgrund von Rechtsvorschriften dauernd aufzubewahren sind.
(3) Unterlagen sind Akten, Kirchenbücher und andere Amtsbücher, Urkunden, Handschriften und andere Schriftstücke, Dateien, amtliche Druckschriften, Pläne, Karten, Plakate, Siegel, Petschafte, Bild-, Film- und Tondokumente sowie sonstige, auch maschinenlesbare Informations- und Datenträger. Unterlagen sind auch die zur Auswertung, Sicherung und Nutzung erforderlichen Hilfsmittel und Programme.

 

II. Abschnitt
Kirchliche Archive

 

§ 3
Struktur

 

(1) Das Zentralarchiv der Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche) (Zentralarchiv) ist eine Abteilung des Landeskirchenrats. Es übt die Fachaufsicht über das Archivwesen und die Archivpflege in der Landeskirche aus. Im Rahmen der Fachaufsicht sind die Beauftragten des Zentralarchivs berechtigt, in die kirchlichen Archive Einsicht zu nehmen. Das Zentralarchiv ist für die Sicherung und Verwaltung des Archivgutes landeskirchlicher Stellen zuständig.
(2) Die kirchlichen Stellen treffen im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit die notwendigen Maßnahmen zur dauernden Aufbewahrung des bei ihnen anfallenden Archivgutes. Wird kein eigenes Archiv unterhalten, so sind die Unterlagen ausschließlich dem Zentralarchiv zur Archivierung anzubieten, es sei denn, eine andere kirchliche Stelle übernimmt die Archivierung (Depositum). Die jeweiligen Eigentumsrechte am Archivgut bleiben davon unberührt.
(3) Werden landeskirchliche oder kirchliche Stellen aufgehoben oder zusammengelegt, ist ihr Archivgut geschlossen an den Rechtsnachfolger oder an das Zentralarchiv abzugeben.
(4) Das Zentralarchiv nimmt die Beratung der anderen kirchlichen Einrichtungen, Werke und Dienste im Bereich der Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche) im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit wahr.

 

§ 4
Aufgaben

 

(1) Die kirchlichen Archive haben die Aufgabe, das Archivgut in ihrem Zuständigkeitsbereich
1. festzustellen, zu erfassen, zu bewerten und aufzunehmen,
2. auf Dauer zu verwahren, zu sichern, instandzusetzen und zu erhalten,
3. zu erschließen, nutzbar zu machen und für die Benutzung bereitzustellen.
(2) Das Zentralarchiv berät die kirchlichen Stellen bei der Verwaltung und Sicherung ihrer Unterlagen im Hinblick auf eine spätere Archivierung.
(3) Bei Gefahr im Verzug für das Archivgut kann der Landeskirchenrat die zur Sicherung und Bergung des Archivgutes notwendigen Maßnahmen treffen. Das Zentralarchiv gilt hierzu als beauftragt. Im übrigen bleiben die Pflichten der kirchlichen Aufsichtsbehörden unberührt.
(4) Das Zentralarchiv nimmt die Aufgabe der landeskirchlichen Archivpflege wahr.
(5) Das Zentralarchiv wirkt an der Auswertung und Vermittlung des von ihm verwahrten Archivgutes mit. Es nimmt Aufgaben im Rahmen der Aus- und Fortbildung sowie im Bereich der kirchlichen Öffentlichkeitsarbeit wahr. Das Zentralarchiv unterstützt die Kirchengeschichtsforschung und die kirchliche Denkmalpflege.

 

§ 5
Anbietung, Bewertung und Übernahme

 

(1) Die landeskirchlichen Stellen haben dem Zentralarchiv alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen, unverzüglich und unverändert anzubieten und zu übergeben. Unterlagen sind spätestens 30 Jahre nach ihrer letzten inhaltlichen Ergänzung anzubieten, soweit nicht Rechtsvorschriften andere Fristen festlegen oder die Unterlagen ausnahmsweise für die Wahrnehmung dienstlicher Aufgaben erforderlich sind.
(2) Abs. 1 gilt auch für alle Unterlagen mit personenbezogenen Daten. Ausgenommen sind Daten, deren Speicherung nicht zulässig war, und eigene Aufzeichnungen, die Pfarrerinnen und Pfarrer und andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Wahrnehmung ihres Seelsorgeauftrages gemacht haben. Unterlagen von Beratungsstellen und Beraterinnen und Beratern, die durch § 203 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 4a des Strafgesetzbuches geschützt sind, dürfen nur in anonymisierter Form archiviert werden.
(3) Für maschinenlesbare Datenbestände sind Art und Umfang sowie die Form der Übermittlung der anzubietenden Daten festzulegen und bereits bei der Speicherung zwischen der anbietenden Stelle und dem Zentralarchiv abzusprechen.
(4) Die anbietungspflichtigen Stellen haben dem Zentralarchiv auch Exemplare aller von ihnen herausgegebenen oder in ihrem Auftrag erscheinenden Veröffentlichungen zur Übernahme anzubieten.
(5) Dem Zentralarchiv ist von der anbietungspflichtigen Stelle Einsicht in die Findmittel, auch in die maschinenlesbaren, und in die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigten Unterlagen zu gewähren.
(6) Das Zentralarchiv entscheidet über die Archivwürdigkeit der angebotenen Unterlagen (Bewertung) und über deren Übernahme in das Archiv. Vor dieser Entscheidung dürfen Unterlagen von der anbietungspflichtigen Stelle ohne Zustimmung des Zentralarchivs nicht vernichtet werden. Näheres regelt die Aufbewahrungs- und Kassationsordnung (§ 13).
(7) Das Zentralarchiv hat übernommene Unterlagen, bei denen keine Archivwürdigkeit besteht, zu vernichten.

 

§ 6
Archive kirchlicher Stellen

 

(1) Die kirchlichen Stellen haben ihrem Archiv alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen, unverzüglich und unverändert anzubieten und zu übergeben.
(2) Abs. 1 gilt auch für alle Unterlagen mit personenbezogenen Daten. Ausgenommen sind Daten, deren Speicherung nicht zulässig war, und eigene Aufzeichnungen, die Pfarrerinnen und Pfarrer und andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Wahrnehmung ihres Seelsorgeauftrages gemacht haben. Unterlagen von Beratungsstellen und Beraterinnen und Beratern, die durch § 203 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 4a des Strafgesetzbuches geschützt sind, dürfen nur in anonymisierter Form archiviert werden.
(3) Das Zentralarchiv entscheidet über die Archivwürdigkeit der Unterlagen (Bewertung) und über deren Übernahme in das zuständige kirchliche Archiv. Vor dieser Entscheidung dürfen Unterlagen von der anbietungspflichtigen Stelle ohne Zustimmung des Zentralarchivs nicht vernichtet werden. Näheres regelt die Aufbewahrungs- und Kassationsordnung (§ 13).
(4) Die Archive der kirchlichen Stellen verwalten ihr Archivgut im Benehmen mit dem Zentralarchiv. Ordnungs- und Verzeichnungsarbeiten sind vom Zentralarchiv oder im Einvernehmen mit ihm vorzunehmen.

 

§ 7
Verwahrung, Sicherung und Erschließung

 

(1) Kirchliches Archivgut ist unveräußerlich.
(2) Die Träger der kirchlichen Archive haben die notwendigen organisatorischen, technischen und personellen Maßnahmen zu treffen, um die dauernde Aufbewahrung, Erhaltung und Benutzbarkeit des Archivgutes zu gewährleisten sowie dessen Schutz vor unbefugter Benutzung, vor Beschädigung oder Vernichtung sicherzustellen. Insbesondere sind geeignete Maßnahmen zu treffen, um vom Zeitpunkt der Übernahme an solche Unterlagen zu sichern, die personenbezogene Daten enthalten oder Rechtsvorschriften über Geheimhaltung unterliegen.
(3) Für die Erfüllung ihrer Aufgaben dürfen die kirchlichen Archive das Archivgut in maschinenlesbarer Form erfassen, speichern und in geeigneter Form verarbeiten und nutzen.
(4) Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die kirchlichen Archive ist innerhalb der in § 10 genannten Schutzfristen nur zulässig, wenn die schutzwürdigen Belange Betroffener oder Dritter nicht verletzt werden.
(5) Befindet sich kirchliches Archivgut im Besitz eines Nichtberechtigten, hat die Eigentümerin oder der Eigentümer oder die oder der gemäß § 3 Abs. 1 oder 2 zur Verwaltung Berechtigte die Herausgabe zu verlangen. Dasselbe gilt für Unterlagen, die als kirchliches Archivgut in einem Archivbestand aufzunehmen sind.


III. Abschnitt
Benutzung von Archivgut

 

§ 8
Benutzung durch die abgebende Stelle

 

(1) Die abgebende Stelle hat im Rahmen ihrer Zuständigkeit das Recht, die als Archivgut übernommenen Unterlagen jederzeit zu benutzen.
(2) Das gilt nicht für personenbezogene Daten, die auf Grund einer Rechtsvorschrift gesperrt sind oder hätten gesperrt oder gelöscht werden müssen. In diesen Fällen besteht das Recht auf Benutzung nur nach Maßgabe des § 10 und nur zu den nach diesem Gesetz zulässigen Zwecken.

 

§ 9
Benutzung durch Dritte

 

(1) Kirchliches Archivgut ist öffentlich zugänglich nach Maßgabe dieses Gesetzes.
(2) Jede Person, die ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, hat das Recht, kirchliches Archivgut auf Antrag nach Maßgabe dieses Gesetzes und der dazu erlassenen Rechtsverordnungen oder Ausführungsbestimmungen zu benutzen. Besondere Vereinbarungen mit Eigentümerinnen oder Eigentümern von privatem oder öffentlichem Archivgut und testamentarische Bestimmungen bleiben unberührt.
(3) Ein berechtigtes Interesse ist insbesondere gegeben, wenn die Benutzung zu kirchlichen, amtlichen, wissenschaftlichen, heimatkundlichen oder familiengeschichtlichen Zwecken oder zur Wahrnehmung berechtigter persönlicher Belange beantragt wird.
(4) Für die Benutzung werden Gebühren erhoben. Näheres regelt die Gebührenordnung (§ 13).
(5) Benutzerinnen und Benutzer sind verpflichtet, von einem im Druck, maschinenschriftlich oder in anderer Weise vervielfältigten Werk, das unter wesentlicher Verwendung von kirchlichem Archivgut verfasst oder erstellt worden ist, dem kirchlichen Archiv unaufgefordert und unentgeltlich ein Belegexemplar abzuliefern.
(6) Die Benutzung kann nach Maßgabe dieses Gesetzes an Bedingungen und Auflagen gebunden werden. Näheres regelt die Benutzungsordnung (§ 13).

 

§ 10
Schutzfristen

 

(1) Archivgut darf frühestens 30 Jahre nach der letzten inhaltlichen Ergänzung der Unterlagen benutzt werden.
(2) Archivgut, das sich nach seiner Zweckbestimmung oder nach seinem wesentlichen Inhalt auf natürliche Personen bezieht (personenbezogenes Archivgut), darf frühestens 10 Jahre nach dem Tod der betroffenen Person oder Personen benutzt werden. Ist das Todesjahr nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand feststellbar, endet die Schutzfrist 100 Jahre nach der Geburt. Die Schutzfrist nach Abs. 1 bleibt in jedem der in Satz 1 und 2 genannten Fälle unberührt. Ist auch das Geburtsjahr dem kirchlichen Archiv nicht bekannt, endet die Schutzfrist für personenbezogenes Archivgut 60 Jahre nach Entstehung der Unterlagen.
(3) Für personenbezogenes Archivgut, das auf Grund von Rechtsvorschriften besonderer Geheimhaltung unterliegt, finden die im Bundesarchivgesetz festgelegten Fristen Anwendung.
(4) Vor Ablauf der Schutzfrist nach Abs. 1 kann im Einzelfall auf Antrag die Benutzung genehmigt werden (Ausnahmegenehmigung), soweit § 11 nicht entgegensteht.
(5) Die in den Absätzen 1 und 2 festgelegten Schutzfristen gelten nicht für Unterlagen, die bereits bei ihrer Entstehung zur Veröffentlichung bestimmt oder der Öffentlichkeit zugänglich waren.
(6) Die in Abs. 2 festgelegten Schutzfristen gelten nicht für Archivgut, das die Tätigkeit von Personen der Zeitgeschichte dokumentiert, sofern ihre persönlichen Lebensverhältnisse nicht betroffen sind. Gleiches gilt für Amtsträgerinnen oder Amtsträger, soweit sie in Ausübung eines kirchlichen Amtes oder einer kirchlichen Funktion gehandelt haben. Die schutzwürdigen Interessen Dritter sind angemessen zu berücksichtigen.
(7) Vor Ablauf der Schutzfristen nach Abs. 2 kann im Einzelfall auf Antrag die Benutzung genehmigt werden (Ausnahmegenehmigung), wenn
1. die betroffene Person oder nach ihrem Tod deren Ehegattin oder Ehegatte, Kinder oder Eltern in die Benutzung eingewilligt haben oder
2. die Benutzung zur Behebung einer bestehenden Beweisnot oder aus sonstigen im rechtlichen Interesse eines Dritten liegenden Gründen unerläßlich ist oder
3. die Benutzung für die Durchführung eines wissenschaftlichen Vorhabens erforderlich ist und wenn sichergestellt ist, dass schutzwürdige Belange der betroffenen Person und Dritter nicht beeinträchtigt werden, oder wenn das öffentliche oder kirchliche Interesse an der Durchführung des wissenschaftlichen Vorhabens die schutzwürdigen Belange der betroffenen Person erheblich überwiegt und der Zweck der Forschung auf andere Weise nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erreicht werden kann. Werden die Forschungsergebnisse veröffentlicht, so sind die personenbezogenen Angaben aus dem Archivgut wegzulassen, sofern der Forschungszweck dies zulässt.
(8) Vor Ablauf von Schutzfristen kann das kirchliche Archiv Auskünfte aus dem Archivgut erteilen, soweit § 11 nicht entgegensteht.
(9) Unterlagen von Beratungsstellen und Beraterinnen und Beratern, die durch § 203 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 4a des Strafgesetzbuches geschützt sind, dürfen nur in anonymisierter Form archiviert und nur so benutzt werden. Die Benutzung von Archivgut, das der Geheimhaltungspflicht nach § 203 Abs. 1 oder 3 des Strafgesetzbuches unterlegen hat, kann eingeschränkt oder versagt werden, soweit dies zur Wahrung schutzwürdiger Belange Betroffener erforderlich ist.
(10) Die Schutzfristen nach Absatz 1 bis 3 können, wenn dies im kirchlichen Interesse geboten ist, um längstens 20 Jahre verlängert werden.
(11) Über die Ausnahmegenehmigungen nach Abs. 4 und 7 und die Verlängerung der Fristen nach Abs. 10 entscheidet das zuständige kirchliche Archiv. Gegen dessen Entscheidung ist Beschwerde bei der zuständigen Stelle möglich.

 

§ 11
Einschränkung und Versagung der Benutzung

 

(1) Die Benutzung ist einzuschränken oder zu versagen, soweit
1. Grund zu der Annahme besteht, dass der Landeskirche, der Evangelischen Kirche in Deutschland, einer ihrer Gliedkirchen oder einem der gliedkirchlichen Zusammenschlüsse wesentliche Nachteile entstehen,
2. schutzwürdige Belange Dritter entgegenstehen,
3. Rechtsvorschriften über Geheimhaltung verletzt würden,
4. der Erhaltungszustand des Archivgutes beeinträchtigt würde oder einer Benutzung entgegensteht,
5. durch die Benutzung ein nicht vertretbarer Verwaltungsaufwand entstehen würde oder
6. Vereinbarungen entgegenstehen, die mit Eigentümerinnen oder Eigentümern aus Anlass der Übernahme getroffen wurden.
(2) Über die Einschränkung oder Versagung der Benutzung, ausgenommen Abs. 1 Nr. 1, entscheidet das zuständige kirchliche Archiv. Gegen dessen Entscheidung ist Beschwerde bei der zuständigen Stelle möglich. Zuständig für die Einschränkung oder Versagung der Benutzung nach Abs. 1 Nr. 1 ist der Landeskirchenrat. Gegen dessen Entscheidung ist Beschwerde bei der Kirchenregierung möglich.

 

§ 12
Rechtsansprüche betroffener Personen

 

(1) Betroffenen Personen ist, unabhängig von den Schutzfristen, auf Antrag Auskunft über die im Archivgut zu ihrer Person enthaltenen Daten zu erteilen, soweit das Archivgut durch Namen der Personen erschlossen ist. Anstelle der Auskunft kann das kirchliche Archiv Einsicht in die Unterlagen gewähren, soweit schutzwürdige Belange Dritter angemessen berücksichtigt werden und keine Gründe für eine Einschränkung oder Versagung der Benutzung nach Maßgabe von § 11 entgegenstehen. Die Versagung oder Einschränkung der Einsicht in die Unterlagen ist zu begründen.
(2) Ein durch Rechtsvorschriften geregelter Anspruch auf nachträgliche Berichtigung oder Löschung von Unterlagen wird nach der Übernahme der Unterlagen in das kirchliche Archiv gewährleistet: Zur Berichtigung der übernommenen Unterlagen hat die betroffene Person amtliche Schriftstücke über den als richtig festgestellten Sachverhalt (Urteile, behördliche Erklärungen u.ä.) vorzulegen und eine schriftliche Erklärung darüber abzugeben, die dem Archivgut beigefügt wird. An Stelle der Löschung tritt die Sperrung nach § 10 Abs. 3.
(3) Bei unzulässig erhobenen Daten bleibt der Rechtsanspruch auf Löschung unberührt.
(4) Bestreiten betroffene Personen die Richtigkeit der sie betreffenden personenbezogenen Daten und lässt sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit feststellen, können sie verlangen, dass dem Archivgut ihre Gegendarstellung beigefügt wird. Nach ihrem Tod steht das Gegendarstellungsrecht der Ehegattin oder dem Ehegatten, den Kindern oder Eltern zu.
(5) Die Gegendarstellung bedarf der Schriftform und muss von der betroffenen Person oder einer der in Abs. 4 Satz 2 genannten Personen unterzeichnet sein. Sie muss sich auf Tatsachen beschränken und darf keinen strafbaren Inhalt haben.
(6) Für Erklärungen nach Abs. 2 und Gegendarstellungen gilt die Schutzfrist des Archivgutes, auf das sich die Erklärung oder Gegendarstellung bezieht.
(7) Das Erklärungs- und Gegendarstellungsrecht nach Abs. 2 und 4 gilt nicht für amtliche Niederschriften und Berichte über Sitzungen der gesetzgebenden oder beschließenden Organe sowie für Niederschriften und Urteile der Gerichte.

 

IV. Abschnitt
Schlussvorschriften

 

§ 13
Regelungsbefugnisse

 

Der Landeskirchenrat kann die Ausführung dieses Gesetzes durch Rechtsvorschriften regeln, insbesondere
1. die Benutzung kirchlichen Archivgutes (Benutzungsordnung),
2. die Erhebung von Gebühren und die Kostenerstattung bei der Benutzung kirchlicher Archive (Gebührenordnung),
3. die Aufbewahrung, Aussonderung und Vernichtung von Unterlagen (Aufbewahrungs- und Kassationsordnung).

 

§ 14
Inkrafttreten, Übergangsregelungen

 

(1) Dieses Kirchengesetz tritt am 1. Juli 1999 in Kraft.
(2) Gleichzeitig treten die Richtlinien zum Schutze kirchlicher Archivalien vom 19. Dezember 1989 (Abl. 1990 S. 76) außer Kraft.
(3) Bis zu einer Neuregelung bleiben folgende Bestimmungen in Kraft:
Ordnung für die Benutzung kirchlicher Archivalien vom 8. April 1964 (Abl. 1964 S. 63); Ordnung für die Aufbewahrung, Aussonderung und Vernichtung von Schriftgut kirchlicher Dienststellen (Aufbewahrungs- und Kassationsordnung) vom 19. Dezember 1989 (Abl. 1990 S. 66); Gebührenordnung für die Benutzung kirchlicher Archive vom 25. April 1994 (Abl. 1994 S. 100).

 

 


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